Drehtanz
Der Drehtanz oft auch Derwischtanz (Dervish- oder Darvishtanz) genannt,
kommt in verschiedenen Kulturen vor und ist meines Erachtens ein urmenschliches
Bedürfnis oder vielleicht besser gesagt eine tiefe Faszination der
Seele. Ein Lieblingsspiel vieler Kinder ist es sich zu drehen, bis sie umfallen.
Auch gibt es in vielen schamanischen Kulturen das Drehen um in Trance zu
geraten und mit den Geistern oder Göttern in Kontakt zu treten, um
damit um Heilung oder Segnung zu beten.
Im Islam gibt es in gewissen Sufischen Richtungen (am bekanntesten der Mevlevi- Orden gegründet in Konja von Galaladin Rumi) die Tradition des Drehens als dhikr' (Gedenken an Gott) Das heisst, dass der Sufi über das Drehen in Kontakt mit Gott tritt und Ihn dort erlebt oder gar mit Ihm verschmilzt, das ist der eigentliche Derwischtanz.

Es
gibt auch verschiedene esoterische Strömungen, die sich den Drehtanz
als Übung oder Meditationsform zu eigen machten (so zum Beispiel Osho
mit seiner 'Whirling Meditation') und neue Sufi-Orden die sich nicht mehr
auf den Islam berufen sondern auf die Mystik im allgemeinen.
In Ägypten hat sich aus dem Sufischen Drehen eine Kunsttanzform entwickelt,
die Tanura-Tanz genannt wird. Dieser Tanz wird neben dem orientalischen
Tanz oft zur Unterhaltung der Touristen in Hotels und auf Nil-Schiffen gezeigt.
Die (in Ägypten eigentlich ausschliesslich männlichen) Tanura-Tänzer
drehen sich um die eigene Achse und zeigen Kunststücke mit einer, zwei
oder sogar drei Tanuras (dem typsichen Rock) oder dem Kopf, den Armen und
dem Oberkörper.

Bei oriental-dance wird der Drehtanz als Tanzform gelehrt. Das heisst, es geht nicht in erster Linie um ein bestimmtes Erlebnis beim Drehen (wie zum Beispiel verschmelzen mit Gott oder weitere transzendente Erfahrungen) sondern es geht zuerst um eine saubere Drehtechnik, sodass es überhaupt zu einem Dreh-Erlebnis im Sinne eines längeren Drehens ohne Schwindel oder Überlkeit kommen kann. Danach stehen abwechselnd, das Dreh-Erlebnis und die Gefühle aber auch weitere Techniken des ägyptischen Tanura-Tanzes im Vordergrund.
© Romea Spörri, Zürich, Februar 2007